Sinnessysteme der Knorpelfische
Das Zusammenspiel der Sinne
Maßgeblich für Empfang, Verarbeitung und Weiterleitung von Informationen durch die Sinnessysteme ist das Gehirn eines Wirbeltiers. Gehirngröße und –gewicht im Verhältnis zum Körpergewicht werden gewöhnlich als Maß für vielschichtige Verhaltensweisen gesehen. Die Mehrzahl der Knorpelfische verfügt über große Gehirne mit einem Verhältnis zum Körpergewicht, das in der Größenordnung für Vögel und Säugetiere liegt, die unter Wirbeltieren am höchsten entwickeltes Verhalten zeigen. Diese Leistungsfähigkeit ihres Zentralnervensystems befähigt Knorpelfische, Impulse ihrer sechs Sinnessysteme effizient für zielgerichtete Reaktionen zu verarbeiten.
Wenn auch das Riechvermögen dieser Fische außerordentlich gut ist – der Volksmund nennt sie berechtigt auch „schwimmende Nasen“ -, so ist es vielmehr das Zusammenspiel der Sinnessysteme für Hören, Riechen, mechanische Reize durch Wasserschwingungen und Tasten oder Berührung, Schmecken und Wahrnehmung elektrischer Potentiale, das Knorpelfische zu den erfolgreichen Räubern und Jägern im Meer gemacht hat. Besonders ihre Fähigkeit der Elektrorezeption zur Wahrnehmung auch schwächster bioelektrischer Potentiale ist einmalig im Tierreich und verschafft Knorpelfischen im Konkurrenzkampf erheblichen Vorteil bei der Nahrungssuche.
Abgestimmt auf Entfernung und Intensität einer Reizquelle wirken die einzelnen Sinne in gestaffelter Form nahtlos zusammen und durchlaufen eine Prioritätenabfolge der Wahrnehmung und Reaktionsauslösung. Die Abbildung verdeutlicht dieses Wirkungsschema auf Grundlage der Distanz von einer Reizquelle oder Beute. Die räumliche Staffelung der einzelnen Sinneswahrnehmungen leitet einen Hai mit Annäherung an die Reizquelle immer präziser zum Ziel.
Mit diesem vielschichtigen Wahrnehmungsapparat können Haie am Boden zielsicher Beute aufspüren, wo es scheinbar nichts zu sehen, zu riechen und zu schmecken gibt. Ebenso erklärt dies, wie scheinbar aus dem Nichts, plötzlich auf einen Auslöserreiz hin Haie erscheinen.
Auszüge aus dem Elasmoskop 2/97 © M. Stehmann