Europaparlament stimmt endlich für strengeres Hai-Finning-Verbot
22. November 2012
Lang umkämpfte Entscheidung war letzte wichtige Hürde in den Bemühungen um eine Schließung der EU-Schlupflöcher
Straßburg, Frankreich: Die Shark Alliance begrüßt das Votum des Europäischen Parlaments für eine Schließung der bestehenden Schlupflöcher im Finning-Verbot der Europäischen Union. Finning bezeichnet die Methode, bei der die Flossen eines Hais abgetrennt werden und der Körper auf See entsorgt wird. Nach jahrelangen Debatten haben 566 zu 47 Mitglieder des Europäischen Parlaments für einen Bericht gestimmt, der den Vorschlag der Europäischen Kommission billigt, die Ganzkörperanlandung sämtlicher Haie – d.h. ihre Anlandung im Hafen im natürlichen Zustand mitsamt den Flossen am Körper – verbindlich vorzuschreiben.
„Das Abstimmungsergebnis im Parlament stellt einen wichtigen Meilenstein dar in den weltweiten Bemühungen um eine Beendigung der verschwenderischen Praxis des Hai-Finnings“, sagt Sandrine Polti, EU Shark Policy Advisor für die Pew Environment Group und Policy Advisor für die Shark Alliance. „Mehr als sechs Jahre hat unser breit gefächertes Bündnis auf dieses Ergebnis – und weitere wesentliche Reformen der europäischen Richtlinien zum Haischutz – hingearbeitet. Wir sind begeistert über das heutige Abstimmungsergebnis und über den Fortschritt, den dieses Votum hoffentlich begründen wird.“
Die 2003 beschlossene EU-Verordnung, nach der das Finning an Haien untersagt ist, enthält eine Ausnahmeregelung, die es all jenen Fischern, die über eine spezielle Fangerlaubnis verfügen, gestattet, Haiflossen an Bord abzutrennen und im Hafen getrennt vom Haikörper anzulanden. Zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dient ein kompliziertes System, das auf dem Vergleich des Gewichts der Flossen mit dem Gesamtgewicht des Hais beruht. Diese Methode bietet außerordentlich viel Spielraum für unentdecktes Finning.
Bereits 2006 hat das Europäische Parlament eine Verschärfung des EU-Finning-Verbots gefordert und die Kommission 2010 dringend aufgefordert, die Beendigung des Abtrennens von Haiflossen auf See vorzuschlagen. Dem im November 2011 veröffentlichten Vorschlag der Kommission haben sich der Rat der Fischereiminister und der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments angeschlossen. Die Beratungen im Fischereiausschuss des Europäischen Parlaments waren langwierig und streckenweise konfus, da sich einige Mitglieder des Europäischen Parlaments für den Erhalt der bestehenden Schlupflöcher starkgemacht haben.
„Wir beglückwünschen die Europäische Kommission zu den Führungsqualitäten, die sie im Rahmen den langjährigen Bemühungen bewiesen hat, und möchten den 25 EU-Fischereiministern und hunderten von Mitgliedern des Europäischen Parlaments danken, die einer Verschärfung des EU-Finning-Verbots zugestimmt haben – ebenso wie den zehntausenden europäischen Bürgern, die ihre Abgeordneten dazu angespornt haben“, sagt Heike Zidowitz, Koordinatorin der Shark Alliance in Deutschland. „Die Mitgliedsgruppen der Shark Alliance freuen sich auf die weitere gute Zusammenarbeit bei der Einführung und Förderung einer endgültigen Regelung zur ‚Ganzkörperanlandung‘ und im Kampf um weitere Schutzmaßnahmen – wie etwa nationale und internationale Fanggrenzen – mit dem Ziel, die Überfischung der Haie vollständig zu beenden.“
Hinweise für die Redaktion:
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Bilder und Videos (B-Roll) sind als Begleitmaterial erhältlich. Unsere Sprecher stehen in zahlreichen Sprachen zu Ihrer Verfügung.
Die Shark Alliance ist ein Zusammenschluss von mehr als 130 Organisationen, der sich für den wissenschaftlich fundierten Schutz der Haie einsetzt. Gründer und Koordinator der Shark Alliance ist die Pew Environment Group, die Naturschutzabteilung der Pew Charitable Trusts.
Die Nachfrage nach der in einigen asiatischen Kulturen beliebten Haiflossensuppe bildet den Anreiz für das Finning an Haien.
Die Fischereifahrzeuge der EU landen jährlich über 100.000 Tonnen Haie (vornehmlich Blauhai) und Rochen aus aller Welt an. Spanien ist durchweg verantwortlich für mehr als die Hälfte der Anlandungen und für drei Viertel der erlegten Blauhaie.
Derzeit ist es allen EU-Fischern, die im Besitz einer speziellen Fangerlaubnis sind, gestattet, die Flossen eines Hais auf See abzutrennen, wenn auch der Körper des Hais aufbewahrt wird. Zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften wird ein komplizierter und großzügiger Verhältniswert von Flossen- zum Körperwicht herangezogen, der viel Spielraum für unentdecktes Finning lässt. Spanien und Portugal sind die einzigen Mitgliedstaaten der EU, die diese Fangerlaubnisse nach wie vor erteilen.
Die einzigen derartigen Fangerlaubnisse, die heute noch erteilt werden, gehen an spanische und portugiesische Langleinenschiffe, die auf der ganzen Welt – meist ohne jede Fangbeschränkung – Haifischerei betreiben. Vor einem Jahr hat die Kommission vorgeschlagen, die Erteilung dieser Fangerlaubnisse aufgrund mangelhafter Kontrollmöglichkeiten ganz einzustellen.
Die Methode der sog. „Ganzkörperanlandung” wird vom Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei der EU und von der Weltnaturschutzunion IUCN empfohlen. Darüber hinaus wird sie in zahlreichen Resolutionen der Vereinten Nationen sowie im Haischutzplan des Bonner Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tiere als bevorzugte Maßnahme zur wirksamen Durchsetzung eines Finning-Verbots genannt.
Eine ständig wachsende Zahl Länder auf der ganzen Welt, darunter mehrere Staaten Mittelamerikas, die Vereinigten Staaten und Taiwan, führen derzeit Richtlinien zur „Ganzkörperanlandung“ ein.