Bundesministerin Aigner schließt sich Forderung der Bürger nach mehr Haischutz an

Zeitgleich mit der Debatte im Europäischen Parlament über die Perspektiven des EU-Finning-Verbots an Haien machen Naturschutzgruppen, Taucher, Wissenschaftler und andere Teile der Öffentlichkeit in Deutschland die breite öffentliche Unterstützung für den Haischutz deutlich.

Vertreter der Shark Alliance haben heute gegenüber Fischereiministerin Ilse Aigner auf die besondere Bedeutung der Haie für Deutschland und die gesamte EU hingewiesen und ein Buch vorgelegt, das an die im vergangenen Herbst im Rahmen der European Shark Week durchgeführten Aktionen und Veranstaltungen erinnert und die Zahlen zum deutschen Haifang und -handel auflistet.

„Die Menschen sind zunehmend besorgt über den Rückgang und die verschwenderische Nutzung der Haie“, sagt Heike Zidowitz, Koordinatorin der Shark Alliance in Deutschland. „Haie sind begehrt wegen ihrer Flossen, ihres Fleischs und Lebertrans. Aber sie sind für gewöhnlich langsam wachsende Tiere, die besonders anfällig für Überfischung sind aber von Fischerei-Managern zu häufig noch ignoriert werden.“

Ein besonderes Augenmerk liegt derzeit auf der laufenden Reform des EU-Verbots des Finning (bei dem die Flossen eines Hais abgeschnitten und der Körper zurück ins Meer geworfen wird). Zur Zeit befasst sich das Europäische Parlament mit einem Vorschlag der Europäischen Kommission, nach dem die gravierenden Schlupflöcher im aktuellen Verbot dadurch geschlossen werden sollen, dass jegliches Abtrennen von Haiflossen an Bord von Schiffen untersagt wird (gleichbedeutend mit der verbindlichen „Ganzkörperanlandung“ aller Haie). Sämtliche Fischereiminister der EU befürworten diesen Vorschlag – mit Ausnahme Spaniens und Portugals, die über die größten Fangflotten Europas verfügen.

Um auf die Problematik hinzuweisen, haben 165.000 besorgte Bürger aus ganz Europa, darunter mehr als 14.000 aus Deutschland, eine Petition unterzeichnet, mit der die EU-Fischereiminister dringend aufgefordert werden, den Verpflichtungen aus dem Hai-Aktionsplan der EU von 2009 nachzukommen und folgende Maßnahmen durchzusetzen:

  • Ein vollständiges und ausnahmsloses Verbot des Abtrennens von Haiflossen auf See
  • Fanggrenzen für Haie und Rochen auf der Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen und des Vorsorgeansatzes
  • EU-weite und nationale Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Hai- und Rochenarten.

Bundesministerin Aigner dankte den Vertretern der „Shark Alliance“ für ihren Einsatz beim Haischutz und sagte, dass die Petition das große Interesse der Öffentlichkeit an einem wirksamen Schutz der Haibestände widerspiegele. „Haie sind nicht nur faszinierende Tiere, die seit mehreren hundert Millionen Jahren in den Meeren leben, sie spielen auch eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichts. Aufgrund ihrer biologischen Eigenschaften gehören sie allerdings zu den meistgefährdeten Meeresbewohnern. Die Bestände sind sehr empfindlich gegen Überfischung. Die Bundesregierung engagiert sich deshalb sehr für Maßnahmen zum Schutz von Haien innerhalb der EU und im Rahmen von internationalen Organisationen.“

„Die Mitgliedsgruppen der Shark Alliance in Deutschland begrüßen die aktive Unterstützung von Bundesministerin Aigner für eine Politik der „Ganzkörperanlandung“ zur Verhinderung des Hai-Finnings“, fügt Zidowitz hinzu. „Ihre klare Haltung unterstreicht erneut die Führungsposition, die die Bundesrepublik im Kampf um einen verbesserten Schutz für Haie innerhalb der EU und auf der ganzen Welt innehat.“

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Hinweise für Redaktionen

Haie in Deutschland: Die Bundesrepublik hat die Debatte um den Haischutz dank seiner anhaltenden, wegweisenden Bemühungen um den Eintrag von Dorn- und Heringshai in das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen (CITES – Convention on International Trade in Endangered Species) weltweit vorangebracht und sich damit als verantwortungsbewusste Verbrauchernation präsentiert. Deutschland gehört auch zu den wichtigsten Befürwortern globaler Maßnahmen zum Haischutz gemäß dem Bonner Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten (CMS – Convention on Migratory Species).

Eine beliebte Spezialität auf den deutschen Fischmärkten und in an hiesigen Fisch-Ständen sind die als „Schillerlocken“ bekannten geräucherten Bauchlappen des Dornhai.

Deutschland gehörte zu den wenigen EU-Mitgliedstaaten, die sich in der Vergangenheit eine Ausnahmeregelung der EU-Finning-Verordnung zunutze gemacht und Fischer mit Sondergenehmigungen zum Abtrennen von Haiflossen auf See ausgestattet haben. 2008 hat Deutschland die Erteilung dieser speziellen Fangerlaubnisse eingestellt und damit die verpflichtende Ganzkörperanlandung aller Haie für alle Schiffe festgelegt.

Obwohl der 2009 verabschiedete Hai-Aktionsplan der EU den Weg für grundlegende Verbesserungen der Richtlinien zum Haifang und Haischutz bereitet hat, wurden viele der gemachten Zusagen bis heute nicht eingelöst. So fehlt es nach wie vor an Fanggrenzen für die von den europäischen Haifischereien am stärksten befischten Arten (Blau- und Makohai), in dem meisten EU-Staaten gelten keinerlei gesonderte nationale Schutzmaßnahmen für bedrohte Arten (wie Hammerhai und Teufelsrochen), und nach wie vor weist das EU-Finning-Verbot riesige Schlupflöcher auf, die dazu führen, dass das Finning an Haien zu häufig noch unentdeckt und ungeahndet bleibt.

Haiflossen sind die Hauptzutat für eine traditionelle und teure asiatische Suppe. Die EU, allen voran Spanien, gehört zu den weltweit größten Lieferanten von Haiflossen nach Asien. Die 2003 beschlossene EU-Finning-Verordnung untersagt zwar generell das Entfernen von Haiflossen an Bord von Fischereifahrzeugen, sieht daneben aber Ausnahmeregelungen vor, nach denen die Mitgliedstaaten ihren Fischern „spezielle Fangerlaubnisse“ erteilen können. Portugal und Spanien – die einzigen EU-Mitgliedstaaten, die diese Sondergenehmigungen bis heute nutzen – erteilen etwa 200 solcher Fangerlaubnisse an die Mehrzahl ihrer Gefrierschiffe, die in entfernten Gewässern Langleinenfischerei betreiben, und die zusammengenommen die größte Haifangflotte der EU bilden. Fischern an Bord der mit einer Sondergenehmigung ausgestatteten Schiffe ist es erlaubt, Haiflossen abzutrennen, solange der Haikörper aufbewahrt wird. Ein stark überhöhter Grenzwert für das Verhältnis von Flossen- zum Körpergewicht eines Fangs dient als Maßstab dafür, ob die angelandeten Flossen und Körper im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Nach Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN könnten Fischer für jeden angelandeten Hai an geschätzten zwei oder drei Haien Finning praktizieren, ohne diesen hohen Grenzwert zu überschreiten. Dagegen ermöglicht eine Richtlinie, die die „Ganzkörperanlandung“ sämtlicher Haie verbindlich vorschreibt, neben der maximalen Durchsetzbarkeit bestehender Finning-Verbote auch eine verbesserte Erhebung artenspezifischer Informationen über die Haifangerträge, wie sie für Bestandskontrollen und Fischerei-Management unerlässlich sind.

Im November 2011 hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der Verordnung vorgelegt, nach dem die „Ganzkörperanlandung“ sämtlicher Haie verbindlich vorgeschrieben werden soll – beruhend auf der überwältigenden Zustimmung zu dieser Option im Rahmen der vorangegangenen öffentlichen Konsultation. Am 12. März 2012 hat sich der Rat der EU-Fischereiminister für eine Annahme des Vorschlags ausgesprochen. Deutschland hat dieses Anliegen unterstützt; Spanien und Portugal haben es als einzige abgelehnt. Derzeit wird im Europäischen Parlament über das Thema beraten.

Die Shark Alliance ist ein Zusammenschluss von mehr als 120 Naturschutz-, Wissenschafts- und Freizeitorganisationen, die sich für die Wiederherstellung und den Schutz der Haibestände mithilfe verbesserter Schutzbestimmungen für Haie einsetzt. Zu den deutschen Mitgliedsgruppen gehören Deepwave e.V., die Deutsche Elasmobranchier-Gesellschaft e.V., die Deutsche Umwelthilfe e.V., die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäugetiere e.V., Pro Wildlife e.V., Reef Check e.V. und der Verband Deutscher Sporttaucher e.V. Gründer und Koordinator der Shark Alliance ist die Pew Environment Group, die Naturschutzabteilung der Pew Charitable Trusts, einer Nichtregierungsorganisation, die der Überfischung der Weltmeere ein Ende setzen will.

European Shark Week: Seit nunmehr fünf Jahren organisieren die Mitglieder der Shark Alliance in Europa jeweils im Oktober in Zusammenarbeit mit Aquarien und anderen Hai-Begeisterten eine öffentliche Veranstaltungswoche mit dem Ziel, die allgemeine Wertschätzung für Haie und Maßnahmen zum Haischutz zu fördern. In Deutschland fanden anlässlich der European Shark Weeks bundesweit Veranstaltungen, Vorträge, Filmvorführungen und Ausstellungen statt. Einzelheiten unter www.europeansharkweek.org

Für weitere Informationen, Bildmaterial und Medieninterviews wenden Sie sich bitte an: Sophie Hulme, Tel: +44 (0) 7973 712 869. E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden, damit sie angezeigt werden kann.

Foto: (c) Onno Groß, Deepwave

Englische Version auf der Shark Alliance Webseite